Weihrauch, Gold und Myrrhe waren die ersten Weihnachtsgeschenke. Gold ist das Geschenk für Christus als König, Myrrhe wird auf den Tod bezogen und wird deshalb als ein Geschenk an Jesus als Menschen gedeutet, und Weihrauch galt als Geschenk für Christus als Gott. Denn Gott verbarg sich im Alten Testament in einer Wolke und er sprach aus einer Wolke. Diese Rauchwolken wurden in den Kirchenfresken der großen Barockmaler umgedeutet und sind als himmlische Wolkenlandschaften zu sehen.
Seit Jahrtausenden hat sich die Gewinnung des Weihrauches nicht geändert. Der Boswelliabaum kämpft in seiner unwirtlichen Gegend ums Überleben. Er ist mehr verkrüppelter Strauch als Baum, verzweigt seine Wurzeln weit in den Sand um das wenige Wasser, das er finden kann, zu bekommen. Er wächst entlang den Wadis im Jemen und Oman, in Somalia, Äthiopien und Indien. Wenn der Stamm beschnitten wird, tritt das Harz aus. Das Harz des ersten und zweiten Schnitts ist minderwertig und wird nicht genommen, erst der dritte Schnitt bringt die Ernte des kostbaren Weihrauchharzes.
Der „Dreikönigsweihrauch“ wird nicht nur von den Sternsingern verwendet, sondern ist der bekannteste Weihrauchduft. Vom Berg Athos stammt der Rosenweihrauch, dem Rosenöl zugesetzt wird.
„Der Weihrauch in der Kirche soll uns ansprechen mit allen Sinnen zu feiern“, erklärt der Inhaber des ehemaligen päpstlichen Hoflieferanten Josef Janauschek Ing. Michael Bican. Er weiß nicht nur Priester und Mesner zu beraten. Immer mehr Menschen wollen Weihrauch auch zu Hause nicht missen. Das Räuchern von Räumen ist für die einen eine reinigende Handlung, die auch von der Esoterik aufgegriffen wird, für andere ganz einfach Wohlgeruch.
Mit der Rauchpfanne gehen Bauern in den alpinen Regionen am Heiligen Abend durch Stall und Hof. Die erste Rauhnacht ist angebrochen. Es sind jene sensiblen Nächte zwischen 24. Dezember und 6. Jänner – die letzten sechs Nächte im alten und die ersten sechs im neuen Jahr – in denen die alte und die neue Welt in Unordnung geraten.
Die Glut wird dem Herdfeuer entnommen und mit Weihrauch und Wacholder versetzt. Damit geht die Familie betend durch den Stall um die Tiere vor künftigem Unglück und vor Krankheit zu bewahren. Die Hüte werden in den aufsteigenden Weihrauch gehalten um vor Kopfweh zu schützen. Er ist einer der vielen Bräuche der Rauh- oder Rauchnächte, die Böses abwenden und Gutes anlocken sollen und in der sich vorchristliche und christliche Handlungen vermischen.
Mella Waldstein